Berichtsheft: digital oder schriftlich?
Altbacken und unflexibel – das Berichtsheft auf Papier hat ausgedient. Warum digitale Tools Azubis und Ausbildenden den Alltag erleichtern …
In Zeiten von Künstlicher Intelligenz und Automatisierung wird die Bedeutung einer soliden dualen Ausbildung in gesellschaftlich relevanten Berufen immer offensichtlicher. Unser Bildungssystem muss sich anpassen und den Spagat schaffen sich zu erneuern und gleichzeitig auf stabile Werte zu besinnen, um jungen Menschen echte Perspektiven und Sicherheit zu bieten – und zwar jenseits des universitären Elfenbeinturms.
Deutschland ist weltweit bekannt für sein duales Ausbildungssystem, das Theorie und Praxis in einzigartiger Weise kombiniert. Doch die Fassade bröckelt und dahinter zeigt sich eine alarmierende Entwicklung: Nur noch jeder fünfte Betrieb bildet aus und immer weniger Jugendliche wählen den Weg einer Ausbildung. Was bedeutet das für die Zukunft des deutschen Arbeitsmarktes und welche Rolle spielt diese Entwicklung im Fachkräfte-Dilemma?
Ein Blick auf die Zahlen
In den letzten Jahrzehnten hat sich die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe drastisch verringert. Noch vor 20 Jahren war es für junge Menschen eine Selbstverständlichkeit, nach der Schule in eine Lehre zu starten. Heute hingegen spielt die Lehre als Startpunkt in das Berufsleben in den Köpfen vieler jungen Leute keine tragende Rolle und nur noch rund 20 Prozent der Betriebe bilden überhaupt junge Menschen aus. Diese Entwicklung hat weitreichende Konsequenzen für den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft insgesamt.
Die verfügbaren Daten aus dem Jahr 2023 zeigen, dass die Zahl der Auszubildenden in den letzten zwanzig Jahren um ca. 400.000 auf etwa 1,2 Millionen gesunken ist. Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge lag bei rund 480.000 und verzeichnete im Vergleich zum Vorjahr sogar wieder einen leichten Anstieg.
Die Ursachen des Rückgangs
Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig. Lange galt „die Ausbildung“ als das Herzstück der deutschen Wirtschaft. Ein Garant für qualifizierte Fachkräfte, die das Land international konkurrenzfähig machten. Die Strahlkraft der dualen Ausbildung in Deutschland sorgte weltweit für Beachtung. Doch hat sich das Ansehen dieser Ausbildungsform schleichend gewandelt – und damit auch ihr Status in der Gesellschaft.
Einst war die Lehre eine ehrenvolle Entscheidung. Heute jedoch wird sie gerade von Lehrern und Eltern oft nur als zweite Wahl betrachtet. Stattdessen propagiert man den akademischen Bildungsweg als vermeintliches Nonplusultra für eine solide Zukunft. Die duale Ausbildung kämpfte zuletzt zunehmend gegen das Vorurteil, weniger prestigeträchtig und karrieretechnisch nachteilig zu sein. Na klar, Eltern wollen das Beste für ihre Kinder, sehen die Universität als Schlüssel zu Wohlstand und Ansehen. Lehrer, oft selbst akademisch geprägt, fördern diesen Weg. Aber das ist so fatal wie falsch. Das Ergebnis: Junge Menschen haben sich in den letzten zwei Dekaden zunehmend eher für ein Studium entschieden – nicht selten ohne jegliche Vorstellung, was sie erwartet oder wohin sie eigentlich wollen. Das duale Ausbildungssystem blieb immer mehr auf der Strecke.
Dabei verkannte und verkennt man jedoch die Chancen und Vorteile einer Lehre. Sie ist praxisnah und zukunftssicher und bietet nicht selten exzellente und fast immer sogar sicherere Karriereperspektiven, als ein Studium. Heute stehen stattdessen immer mehr Uni-Absolventen vor einer ernüchternden Realität: Ein Hochschulabschluss ist längst kein Garant für beruflichen Aufstieg mehr. Anstatt auf eine sichere Karriere zuzusteuern, finden sich viele junge Akademiker in prekären Beschäftigungen wieder und würden ohne einen beruflichen Quereinstieg (weit abseits ihres Studiengebiets) schlichtweg in der beruflichen Nutzlosigkeit stranden. Eine solide duale Ausbildung hingegen, bietet häufig klare und stabile Perspektiven – besonders in gesellschaftlich- und systemrelevanten Berufen.
Zu diesen folgenreichen Fehleinschätzungen kommt erschwerend hinzu, dass viele Unternehmen heute unter immensem wirtschaftlichen Druck stehen. Die Kosten für die Ausbildung, die Zeitinvestition der Ausbilder und die zunehmende Bürokratisierung machen es für gerade kleinere und mittelständische Betriebe immer unattraktiver, Ausbildungsplätze anzubieten. Digitalisierung und Technologisierung verändern die Berufsbilder zudem rapide, was eine ständige Anpassung der Ausbildungsinhalte erfordert. Viele Betriebe fühlen sich schlichtweg überfordert, diese neuen Standards zu erfüllen und tun sich natürlich auch schwer mit der geringen Nachfrage und der damit oft einhergehend sinkenden Eignung der Bewerber.
Die Auswirkungen auf den Fachkräftemangel
Der Rückgang der Nachfrage und Ausbildungsbetriebe hat längst direkte Auswirkungen auf den Fachkräftemangel, der mittlerweile in vielen Branchen zu einem ernsthaften Problem geworden ist. Es fehlen nicht nur Facharbeiter in handwerklichen Berufen, sondern auch in technischen und industriellen Bereichen. Der Arbeitsmarkt ist aus dem Gleichgewicht geraten: Einerseits gibt es eine hohe Nachfrage nach gut ausgebildeten Fachkräften, andererseits fehlt es an Nachwuchs, der diese Positionen besetzen könnte.
Besonders dramatisch ist die Situation in den sogenannten MINT-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik). Hier zeigt sich besonders deutlich, dass die duale Ausbildung als eine der wichtigsten Säulen des deutschen Wirtschaftswunders nicht mehr in der Lage ist, die Anforderungen der modernen Arbeitswelt allein zu stemmen.
Branchen wie das Handwerk, die Industrie und die Technik suchen händeringend nach gut ausgebildeten Fachkräften, doch das Imageproblem der Ausbildung bleibt bestehen. Um diesen Trend zu drehen, bedarf es einer gesellschaftlichen Umkehr. Eltern und Lehrer müssen die duale Ausbildung als mindestens gleichwertige Alternative anerkennen und vermitteln. Es braucht mehr Aufklärung und positive Beispiele, um das Vertrauen in diese traditionsreiche, aber nach wie vor zukunftsreiche Bildungsform wiederherzustellen.
Lösungsansätze und Perspektiven
Um dem Trend entgegenzuwirken und den Fachkräftemangel zu bekämpfen, bedarf es umfassender Maßnahmen. Ein Ansatz muss sein, die Attraktivität der dualen Ausbildung zu erhöhen. Dies könnte durch eine stärkere finanzielle Unterstützung der Ausbildungsbetriebe sowie durch eine Flexibilisierung der Ausbildungsordnungen erreicht werden. Außerdem ist es wichtig, die Ausbildungsberufe an die modernen Anforderungen anzupassen und einerseits digitale Kompetenzen zu vermitteln und anderseits auch konsequent digitale Hilfsmittel und Werkzeuge einzusetzen. Das fängt beim einem digitalen Berichtsheft für den Ausbildungsnachweis (wie der Zubido Azubi-App) an, aber sollte dort natürlich nicht aufhören.
Genauso wichtig: Die gesellschaftliche Wertschätzung der dualen Ausbildung muss wieder gesteigert werden. In vielen Köpfen gilt immer noch der akademische Bildungsweg als der einzig erstrebenswerte. Dabei bietet eine Berufsausbildung oft sogar bessere Karrierechancen und in jedem Fall eine solide Basis für die persönliche Entwicklung, denn schließlich ist auch nicht jeder „fürs Studieren gemacht“. So manch einer kommt beruflich durch einen praktischen Zugang viel schneller und auch erfolgreicher voran. Und schließlich kann auch die Perspektive eines eigenen Betriebs überaus attraktiv sein und die Möglichkeiten so manch einer akademischen Laufbahn finanziell schnell übertreffen.
Ein Blick in die Zukunft
Die duale Ausbildung ist und bleibt ein wesentlicher Bestandteil des deutschen Bildungssystems und gilt noch immer als Exportschlager. Sie hat das Potenzial, auch in Zukunft eine tragende Rolle im Kampf gegen den Fachkräftemangel zu spielen. Doch dazu müssen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gemeinsam an einem Strang ziehen. Es gilt, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass mehr Betriebe in der Lage und willens sind, auszubilden. Und es gilt das Ansehen der Ausbildung und der gesellschaftlich relevanten Berufe zu fördern und die Vergütungen zu verbessern. Nur so kann sichergestellt werden, dass Deutschland auch weiterhin auf eine qualifizierte und motivierte Fachkräftebasis zurückgreifen kann.
Denn eines ist klar: Die Zukunft der deutschen Wirtschaft hängt maßgeblich von der Qualität und Quantität der Berufsausbildung ab. Der sich fortsetzende Rückgang ist längst mehr als nur ein Weckruf, dem dringend gefolgt werden muss. Denn die duale Ausbildung ist nicht von gestern. Sie ist eine Investition in die Zukunft – und ein essenzieller Baustein für den Fortbestand der wirtschaftlichen Stärke Deutschlands.
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